Ist Sozialpolitik effektiv genug? Ist sie auch effizient? Diese Fragen müssen immer wieder gestellt werden, am besten von der Sozialpolitik selbst. Es gibt Ideen, wie man Sozialpolitik effektiver machen kann. Auf Patentrezepte sollte man jedoch nicht hoffen.
Gut die Hälfte des Bundeshaushaltes, insgesamt deutlich über 200 Milliarden Euro waren 2021 Ausgaben für Soziales gewidmet. Die Sozialleistungsquote, das ist der Anteil der Ausgaben für Soziales am gesamten Bruttoinlandsprodukt lag in diesem Jahr bei knapp 33 Prozent. Anfang der 1990er Jahre lag er noch bei rund 24 Prozent, um die Jahrtausendwende bei knapp 29 Prozent. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland in dieser Hinsicht in der Spitzengruppe. Nur Frankreich und Dänemark leisteten sich einen höheren Anteil von Sozialausgaben an der wirtschaftlichen Gesamtleistung.
Hohe Sozialausgaben sind ohne Zweifel nicht nur ein Hinweis auf Probleme und sozialpolitischen Handlungsbedarf. Sie sind auch und in erster Linie ein Ausdruck des Zusammenhalts der Gesellschaft und deren Bereitschaft, ihren Reichtum zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit umzuverteilen. Natürlich muss der Aufwand für Soziales durch Wertschöpfung erwirtschaftet werden. Hohe Sozialleistungen kann sich auf Dauer nur ein wirtschaftsstarkes Land leisten.
Niemand wird jedoch behaupten, dass soziale Probleme in Deutschland gelöst seien. Noch immer gibt es zum Beispiel eine große Zahl von Langzeitarbeitslosen, 2,4 Millionen Menschen sind Langzeitbezieherinnen und –bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Bürgergeld“), knapp 17 Prozent der Bevölkerung gelten als armutsgefährdet und auch hohe Ausgaben für das Schulsystem haben nicht verhindern können, dass immer noch über sechs Prozent der jungen Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Die Integration der vielen zugewanderten Menschen stellt eine zusätzliche dauerhafte Herausforderung für Gesellschaft, Wirtschaft und Staat dar.
Lücken und Defizite
Muss Sozialpolitik deshalb noch aktiver werden? Experten wie der ehemalige Generalsekretär des Caritasverbandes, Georg Cremer, sehen in der Tat noch Lücken im System der sozialen Sicherung, etwa bei Leistungen für Familien. Auch das Bildungssystem sei noch weit davon entfernt, wirklich Chancengerechtigkeit herzustellen. Aber zugleich mahnt Cremer eine Diskussion über die Wirksamkeit von sozialpolitischen Maßnahmen und die Effizienz der Leistungen des Sozialstaats an. Ein grenzenloses Wachstum von Sozialausgaben stoße irgendwann an Grenzen der Finanzierbarkeit, aber auch der Akzeptanz der damit verbundenen Umverteilung in der Gesellschaft. Schon heute begegnet dem Sozialstaat nicht nur Zustimmung, sondern auch Misstrauen und Kritik. Nicht wenige haben den Verdacht, dass sich die Sozialbürokratie verselbstständigt, eine ausufernde Wohlfahrtsindustrie unter dem Deckmantel des Sozialen ihre eigenen Interessen verfolgt und die Steuerzahler immer weiter belastet werden, ohne dass irgendwann einmal wirklich sozialer Frieden einkehrt.
Auch Sozialpolitik muss effizient sein
Die Sozialpolitik scheint deshalb gut beraten zu sein, wenn sie den Diskurs über ihre Wirksamkeit und Effizienz aufnimmt, ihn nicht den Kritikern überlässt, sondern ihn selbst in die Hand nimmt.
In den 1990er Jahren gab es dazu einen Impuls durch das Konzept „Neuer Steuerungsmodelle“ in öffentlichen Verwaltungen, aber auch in sozialen Organisationen. Durch Anwendung betriebswirtschaftlicher Methoden der Ressourcenoptimierung und eine klare Strukturierung der Rollen von politischen Auftraggebern und der Ausführenden in Verwaltungen und bei öffentlich finanzierten Trägern sollte wirtschaftliches Denken im Sozialbereich einziehen und soziale Maßnahmen wirksamer und kostengünstiger werden. Das war nicht unumstritten. Viele sahen darin eine unzulässige Ökonomisierung des Sozialen und die Gefährdung wertorientierten Handelns. Zudem gab es, wenig überraschend, starke Beharrungskräfte, die sich einer größeren Transparenz der Sozialpolitik und dem, was dort geleistet wird, widersetzten, einfach weil dies ihrem Interesse an möglichst großen Gestaltungsspielräumen bei dauerhaft gesicherter auskömmlicher Finanzierung entgegenstand. Auch die Sozialpolitiker selbst maßen ihren Erfolg oft lieber in steigenden Ausgaben als in nachprüfbar erzielten sozialpolitischen Wirkungen.
Zum Vertiefen:
- Bogumil, J. (2022): Outputorientierte Steuerung im kommunalen Haushalt – ein jahrelanges Missverständnis, in: Verwaltund und Management 3/2022.
- Cremer, G. (2021): Sozial ist, was stark macht. Warum Deutschland eine Politik der Befähigung braucht und was sie leistet. Bonn (Bundeszentrale für politische Bildung)
- Reis, C. / Schulze-Böing, M. (2000): Planung und Produktion sozialer Dienstleistungen. Die Herausforderung neuer Steuerungsmodelle, Berlin (zweite Auflage)
- Goldsmith, St. / Bloomberg, M. (2010): The Power of Social Innovation. How civic entrepreneurs ignite communities for good, San Francisco
- Schulze-Böing, M. (2018): Motor für soziale Entwicklung in der Kommune: Gedanken zum Sozialamt der Zukunft, in: ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 4/2018
- Weber, M. / Petrick, St. (2014): Was sind Social Impact Bonds? Definition, Strukturen, Marktentwicklung, Gütersloh (Bertelsmann-Stiftung)
Diese Gemengelage führte dazu, dass der Aufbruch der neuen Konzepte bald sein Momentum verlor und vielfach einfach versandete. Am konsequentesten umgesetzt wurden die neuen Ideen zur wirkungsorientierten Steuerung noch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik, vor allem im Zuge der sogenannten „Hartz-Reformen“, durch die ab 2003 die vormalige Bundesanstalt für Arbeit mit Hilfe von Unternehmensberatern und einer energischen Führung mit Erfahrungen aus dem Privatsektor zu einer Bundesagentur für Arbeit entwickelt wurden, in der ein straffes Controlling mit einer Vielzahl von Leistungskennziffern die Praxis prägen.
Auch die im Jahr 2005 aus der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe entstandene Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz 4“) profitierte von dem Steuerungsmodell der Bundesagentur für Arbeit. Obwohl dieses System durch die maßgebliche Mitwirkung der Kommunen wesentlich komplexere Governancestrukturen aufweist, konnte dort von Anfang an ein wirkungsorientierte Steuerung eingeführt werden, die auch dieses neu geschaffene System sehr transparent machte. Gegenüber dem, was zuvor in der kommunalen Sozialhilfe üblich war, war es ein Quantensprung in die richtige Richtung. Der große sozial- und arbeitsmarktpolitische Erfolg dieses Systems beruht nicht nur, aber auch an der konsequenten Umsetzung der wirkungsorientierten Steuerung.
Der Versuch, mit Produkthaushalten bei Ländern und Kommunen eine wirkungsorientierte Verwendung öffentlicher Mittel zu verankern, kann als gescheitert angesehen werden, so der ernüchternde Befund des Bochumer Verwaltungsforschers Jörg Bogumil. Verantwortlich seien Beharrungskräfte in den Verwaltungen, der Einfluss von machtvollen Verbänden und nicht zuletzt auch Politiker, bei denen die Sorge über die Wiederwahl langfristigen Strategien mit Konfliktpotential oft im Weg stünde. Die Eigenlogik politischer Prozesse sei bei der Entwicklung und Einführung der neuen Steuerungsmodelle eben völlig unterschätzt worden.
Ausweg Soziales Unternehmertum?
Es braucht also einen neuen Anlauf. Die Idee des „sozialen Unternehmertums“ könnte hier neue Impulse bringen. Wie das Konzept der neuen Verwaltungssteuerung kommt auch diese Idee aus dem angelsächsischen Raum. Die zentrale These dabei ist, dass sich durch ein stärkeres unternehmerisches Handeln soziale Innovationen und eine bessere Nutzung begrenzter Ressourcen in Gang bringen lassen. Die OECD und die Europäische rühren schon seit vielen Jahren die Trommel für „social entrepreneurship“, um die Innovationslücke der Sozialpolitik zu schließen, haben dazu Forschungsprojekte durchgeführt und Förderprogramme aufgelegt.
Stephen Goldsmith, seinerzeit auch Berater des New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg, hat in seinem 2010 erschienenen Buch „The Power of Social Innovation“ sehr pointiert darauf hingewiesen, dass viele, auch sehr teure soziale Maßnahmen, wirkungslos verpuffen, weil man sich nicht traut, eingefahrene Gleise zu verlassen und die Politik nicht genau hinschaut, was mit dem in Soziales investierten Geld wirklich bewegt wird. „Soziale Innovationen“ sollten einer aus seiner Sicht teure, aber inhaltlich stagnierende Sozialpolitik neuen Geist einhauchen. Den Weg dahin sah er in einer neuen Kultur der Rechenschaftslegung, in der soziale Einrichtungen nicht nur berichten, was sie getan haben, sondern auch, was sie im Leben ihrer Klienten zum Positiven wirklich geändert haben. „In God we trust, but you give me numbers“, so brachte es Bürgermeister Bloomberg einmal schlagfertig auf den Punkt. Der Leitsatz des Management-Gurus Peter Drucker, „you can´t manage, what you don´t measure“ (du kannst nichts managen, wenn du es nicht misst), gelte, so Goldsmith, auch in der Sozialpolitik. Auch soziale Erfolge müssten überprüfbar und messbar sein.
Es gehe zum Beispiel nicht nur darum, zu dokumentieren, wie viele Lernförderstunden man für Kinder aus benachteiligten Quartieren organisiert habe, sondern wie viele der geförderten Kinder tatsächlich die Versetzung oder den Schulabschluss geschafft haben. In der Philosophie von Goldsmith müsste man konsequenterweise eine Einrichtung nicht dafür bezahlen, dass sie Nachhilfe durchführt, sondern für das Erreichen der Klassenziele. Vielleicht gibt es ja noch bessere Wege als Nachhilfe, um Kindern und Jugendlichen zum Schulerfolg zu verhelfen. Übersetzt in die Sprache der Evaluationsforschung: es geht um „Impact“, nicht nur um „Output“. Aufgabe der öffentlichen Sozialpolitik wäre es dann, diesen Suchprozess nach der besseren Problemlösung in Gang zu halten und den Wettbewerb um Innovation zu organisieren. Es brauche dafür unternehmerische Persönlichkeiten, die für Erfolg belohnt werden, die aber auch das Risiko des Scheiterns nicht scheuen – im Grund so etwas wie das sozialpolitische Äquivalent der „schöpferischen Zerstörung“, wie sie der Ökonomen Joseph Schumpeter als Kern eines dynamischen kapitalistischen Wirtschaftssystems beschrieben hat.
Ein solcher „entrepreneurial turn“ bei sozialpolitischen Strategien ist natürlich ebenso wie betriebswirtschaftliche Steuerungsmodelle ambivalent. Zumindest auf den ersten Blick nähert er die Soziale Arbeit an die Verwertungslogik kapitalistischer Unternehmen an. Das kann Produktivitätsreserven und Innovationspotentiale heben, braucht aber eine kluge Steuerung durch Politik und Verwaltung. Sonst ist die Gefahr groß, dass sich Sozialunternehmer die Rosinen aus dem Kuchen sozialpolitischer Aufgaben herauspicken, auf schnellen Gewinn setzen und die schwierigen Aufgaben bei den traditionellen Akteuren verbleiben.
Sozialpolitik, die den komplexen Aufgaben der Zukunft gerecht werden will, braucht durchdachte ganzheitliche Konzepte. Ein Element von „Schumpeter“ kann dabei sehr sinnvoll sein. Hier müsste weitergedacht werden. Vor allem brauchte es mehr Innovationsorientierung und Mut zum Experiment auf der politischen Ebene. Warum beschließen die Stadtverordneten einer Kommune bei der Aufstellung des Sozialhaushaltes nicht einfach, dass zunächst einmal mindestens 20 Prozent des Etats wirkungsorientiert eingesetzt werden, also Wirkungen bezahlt werden und nicht nur die Bemühungen dazu? Das könnte Innovationsdruck erzeugen und vielleicht auch neue Akteure mit frischen Ideen und unternehmerischer Energie auf den Plan rufen. Die Niederlande ist Deutschland auf diesem Weg schon seit vielen Jahren um einiges voraus. Die Zusammenarbeit mit privaten gemeinnützigen, aber auch mit gewinnorientierten Unternehmen ist dort in der Sozialpolitik recht verbreitet. Dass Erfolgsgrößen in die Vergütung einfließen oder diese sogar vollständig von nachprüfbaren Ergebnissen der Maßnahmen abhängig gemacht wird, ist schon lange geübte Praxis. Das wird dort nicht als Privatisierung verstanden. Der Staat und die Kommunen behalten das Zügel in der Hand. Aber die Niederländer sind durch ihre Offenheit für unternehmerische Ansätze in ihrer Sozialpolitik oft deutlich flexibler und innovativer als die Deutschen.
Risikokapital auch für Soziales?
In den USA und Großbritannien, in kleiner Zahl auch in den Niederlanden und einigen osteuropäischen Ländern gibt es inzwischen mit „Social Impact Bonds“ eine besonders spektakuläre Variante einer wirkungsorientierten Finanzierung. Diese Bonds funktionieren nach dem Prinzip der Risikokapitalinvestition. Ein Investor gibt Geld, etwa zur Finanzierung eines Arbeitsmarktprojekts für Langzeitarbeitslose, das ein entsprechend spezialisiertes Unternehmen bzw. ein Träger von Arbeitsmarktmaßnahmen durchführt. Die öffentliche Hand zahlt an den Investor, wenn ein Erfolg erzielt wurde, das heißt zum Beispiel ein Langzeitarbeitsloser in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis eingemündet ist. Gelingt dies oft genug, dann bleibt für den Investor ein Gewinn. Klappt es nicht, geht das investierte Kapital verloren.
Vorteil für den öffentlichen Auftraggeber: er kann das Risiko des Misserfolgs, das er sonst bei der Beauftragung von Maßnahmen tragen muss, auf den privaten Investor abwälzen. Wenn die Maßnahme gut läuft, werden dagegen Zahlungen fällig, die gleich hoch, meist eher etwas höher liegen als im Fall der klassischen Beauftragung einer wirkungsvollen und guten Maßnahme. In vielen Fällen errechnen Kommunen oder andere öffentliche Auftraggeber die Höhe der Prämien aus den zu erwartenden Einsparungen, die im Erfolgsfall eintreten, etwa bei der Arbeitslosenunterstützung, bei Heimunterbringungen oder bei der Notunterbringung von Wohnungslosen.
Strategisch bedeutsamer Nebeneffekt: durch dieses Modell gibt es einen hohen Anreiz, Maßnahmekonzepte zu entwickeln, die besonders effizient sind und einen hohen Wirkungshebel haben. Es winken Innovationsprämien.
Natürlich sind „Impact“-Strategien keine Patentlösungen. Wunder sollte man davon nicht erwarten. In manchen Bereichen der Sozialpolitik ist es nicht gar nicht so einfach, Erfolg und Wirkung zu messen. Beratungsstellen etwa haben oft gar keine Erkenntnisse darüber, ob und wie ihre Klientinnen und Klienten die Beratungsergebnisse umsetzen und welche Wirkungen sich daraus langfristig einstellen. Auch ist es oft nicht möglich, eine Wirkung einer sozialen Maßnahme zuzuordnen. Wenn ein als schwer vermittelbar geltender Mensch plötzlich überraschenderweise doch einen Job bekommt, kann es am besonderen Talent seines Beraters oder seiner Beraterin im Jobcenter liegen; es kann aber auch sein, dass der Mensch eine neue Liebe gefunden hat und sein Leben mit diesem emotionalen Rückenwind von Grund auf neu ordnet. Spätestens wenn es um Geld geht, braucht man aber objektive Messkonzepte für den Erfolg sozialer Maßnahmen, sonst wird sich kein noch so risikobereiter „sozialer Unternehmer“ zum Abschluss eines Vertrages mit öffentlichen Auftraggebern bereitfinden. Man braucht relativ klare Zielkriterien.
Die gibt es aber durchaus, wie das Beispiel der Hilfe zum Schulerfolg gezeigt hat. Relativ klar definieren lässt sich der Erfolg auch im Bereich des Arbeitsmarktes. In anderen Bereichen kann es für die Politik eine sehr sinnvolle Übung sein, etwas präziser als bisher zu formulieren, was man mit eingesetzten Haushaltsmitteln genau erreichen will. Eine Impact-Strategie könnte auch dort wertvolle Lernprozesse auslösen.
Social Impact Bonds sind jedoch aufgrund der komplexen Beziehungen zwischen Geldgeber, öffentlicher Verwaltung und durchführendem Dienstleister mit relativ hohen Transaktionskosten verbunden. Es sind sehr komplexe Verträge abzuschließen und die Überwachung des Erfolgs, ggf. durch eine neutrale Stelle, erfordert mit hohen Aufwand. Das dürfte eine Ursache dafür sein, dass das Konzept in Deutschland bisher trotz intensiver Werbung durch die Bertelsmann-Stiftung oder die Stiftung der Quandt-Erbin und BMW-Großaktionärin Susanne Klatten bisher kaum gezündet hat. Die bisher in Deutschland realisierten Social Impact Bonds dürften sich an einer Hand abzählen lassen.
Patentrezepte gibt es nicht
Impact ist also kein Selbstläufer. Was in den USA und Großbritannien mit ihrem kühlen Effizienzdenken und dem gehypten Trend des „effective altruism“ privater Großstifter funktioniert, trifft in Deutschland auf ein anderes Umfeld mit gewachsenen lokalen Wohlfahrtskulturen und einer stark verrechtlichten Sozialpolitik. Eine kluge Impact-Strategie braucht also nicht nur schicke Finanzierungs- und Anreizmodelle, sondern ein Verständnis für die komplexen Zusammenhänge sozialpolitischen Handelns. Zwischen dem Extremmodell des Social-Impact-Bonds und dem alten Trott gibt es aber viele Zwischenstufen. Impact-Strategien müssen sich in Gesamtstrategien einfügen, sonst werden sie sich bestenfalls in kurzfristigen Effekten erschöpfen, aber nicht nachhaltig zur Wirksamkeit des Gesamtsystems der sozialen Arbeit einer Kommune, der Arbeit eines Jobcenters oder der sozialen Stadtentwicklung beitragen. Die Bundesagentur für Arbeit musste zum Beispiel lernen, dass überzogene Controllingkonzepte die Motivation von Mitarbeitenden und Kooperationspartnern untergraben können, als sie im ersten Anlauf ihr an sich sehr sinnvolles Steuerungskonzept ein wenig zu stur und unreflektiert umgesetzt hat. Das hat sie inzwischen korrigiert.
Ebenso kann eine zu radikale Impact-Orientierung Vertrauensbeziehungen und Engagement in der lokalen Sozialpolitik stören. Eine mittlere Linie scheint auch hier das richtige zu sein – zwischen einer entschiedeneren Wirkungsorientierung, dem Beharren auf strikter Rechenschaftslegung und einer hohen, in Zahlen darstellbarer Transparenz auf der einen Seite und vertrauensvoller Zusammenarbeit und gemeinsamen Lernprozessen der vielfältigen Akteure der Sozialpolitik auf der anderen. Beides muss kein Widerspruch sein. Mit einer klugen lokalen Politik können sich beide Seiten sogar bestens ergänzen.
Es kann durchaus Sinn machen, gemeinsam mit Trägern Konzepte dafür zu entwickeln und zu experimentieren. Oft sind dabei kleine soziale Startups bessere Partner als etablierte Wohlfahrtsverbände. Aber auch die können und sollten sich für soziale Innovationen öffnen. Alle aber sollten ein großes Interesse daran haben, den Sozialstaat effektiver und effizienter zu machen. Denn nur so lässt er sich auch in Zukunft sichern.
Lesen Sie auch: https://bloghaus.eu/neuer-aufbruch-in-die-grundsicherung/
Foto: Stadtratte / istock