Hessen-SPD stolpert ins Bündnis

Die neue schwarz-rote Regierung von Boris Rhein steht. Steht sie auch stabil? Die Frage ist durchaus berechtigt. Die Konstituierung des Landtags folgte im Rahmen der dem Anlass angemessenen Selbstdisziplinierung zwar noch dem CDU-Wahlslogan „Kurs statt Chaos“. Doch dürfte der bei der Verteilung der Ministerämter in der SPD bis in die Fraktion hinein ausgebrochene Machtkampf nicht nur beim Koalitionspartnetr CDU dämpfend auf die Erwartungen an die Stabilität der Regierung mit SPD-Beteiligung gewirkt haben. Nach dem vermasselten Start bei den Sozialdemokraten und einigen unbeglichen gebliebenen Rechnungen ist es nicht ausgeschlossen, dass sich Boris Rhein und seine CDU schon bald nach dem alten Zeiten des geräuschlosen Regierens von Schwarz-Grün sehnen werden. „Noch nicht mal im Amt, aber schon in der Krise“, legten die von Rhein ausgebooteten Grünen als ausgebooteter Ex-Partner den Finger denn auch gerne in diese Wunde. 

Die SPD in Hessen hat abgewirtschaftet, liegt am Boden. Wer gedacht hatte, mit dem Tritt der Wähler in die Hintern einer selbstgefällig, bräsig ohne Programm und ohne personelle Alternative agierenden Wahlkampftruppe sei der Tiefpunkt für die Sozialdemokraten in der Mitte Deutschlands erreicht, den hat die Partei ohne Probleme eines Besseren belehren können. Dabei waren die Vorzeichen für einen Aufschwung doch überraschend gut, nachdem Ministerpräsident Boris Rhein zur Verblüffung aller die Wahlverlierer als künftige Bündnispartner auserkoren hatte. Die in 25 Jahren Opposition ausgehungerte SPD hatte dann aber massive Probleme mit der Besetzung der wenigen Posten, die ihr vom Wahlsieger zugestanden wurden. 

Das Geschacher mit verheerender Außenwirkung lässt sich wie folgt zusammenfassen:  Die Parteichefin Nancy Faeser hat keinen Einfluss mehr. Also streiten sich die nachfolgenden Gliederungen nach alter Sitte um geografischen Proporz, Frauenquote, Beteiligung der Fraktion und Versorgung altgedienter, aber wenig erfolgreicher Führungspersönlichkeiten. Zu allem Überfluss will das linke (Mehrheits-) Lager endlich mal den Kopf rausstrecken, scheitert bei der Besetzung der Fraktionsspitze aber an illoyalen Parteifreunden. 

Die haben sich ihr Vorgehen vielleicht von ihrer Parteivorsitzenden abgeschaut. Auf öffentlicher Bühne empfahl sie der Faktion trotz Kenntnis der dortigen Mehrheitsverhältnisse, den Vorsitzenden Günther Rudolph im Amt zu bestätigen. Mit dem eher lustlos vorgetragenen Appell allein hatte der keine Chance. Als Chefin hätte Nancy Faeser die Wahl Rudolphs sicherstellen müssen, wenn Sie denn von der Personalie überzeugt war. Ob die Vorsitzende hinterhältig vorging oder schon nicht mehr die Personalkompetenz in ihrem Amt vereinigte, ist jetzt nicht mehr von Belang. Faeser ist Geschichte. Und die nicht nur nach Umfragen am Boden liegende SPD-Hessen wird das gleiche Schicksal ereilen, wenn sie nicht lernt, eine in den Schoß gefallene Chance strategisch klug zu nutzen, wo doch die Union darauf hofft, dass die CDU/SPD-Koalition in Wiesbaden ein Modell für den Bund hergibt. Zweifel an der Lernfähigkeit der hessischen Sozialdemokraten sind erlaubt…

Frank Pröse

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