Die katholische Normfamilie

Dem Diversitäts-Hype zum Trotz: Jedes Kind hat eine Mutter und einen Vater. Und in Deutschland ist es seit 1923 gute Tradition, den zweiten Sonntag im Mai als Ehrentag für Mütter zu reservieren. Im Laufe der Jahre wurde die Kritik an der von Parfümerien, Süßwarenherstellern und Blumenhändlern gekaperten zusätzlichen Geschäfte immer lauter, letztlich finden auch immer mehr moderne Frauen den Ehrentag als nicht mehr zeitgemäß, weil sie Frauen mit Kindern zu Hausmütterchen degradiert und berufstätige Mütter mit weniger Zeit für ihren Nachwuchs diskriminiert sehen. 

Nun gut, ihren Umgang mit dem Muttertag kann jede Familie halten, wie sie will. Schaden kann es freilich nicht, wenn der Nukleus der Familie wenigstens einmal im Jahr besonders gewürdigt wird. Müssen muss niemand. Auch eine katholische Kita im Amöneburger Stadtteil Mardorf muss ihre Kinder nicht für deren Mütter basteln lassen, beispielweise weil ihr die personellen Kapazitäten für individuelle Geschenkbasteleien fehlen. Doch das Kita-Team begründete den Verzicht auf „stereotypische Geschenke“ wie Blumen für die Mutter und Werkzeug für den Vater vor allem mit dem Hinweis auf den „immer höheren Stellenwert der Diversität“. Man möchte das vorleben und „keinen Menschen ausschließen“. 

Forsch wird das christliche Familienbild aufgegeben mit der abenteuerlichen Behauptung, die Familienkonstellation Mutter-Vater-Kind sei nicht mehr die Norm heute und ein Vatertagsgeschenk ohne Vater in der Familie sei nicht nur ohne Wert, sondern könne auch die Identität des Kindes in Frage stellen. Wenn ein Familienbild von Mutter und Vater nicht mehr die Norm ist, was ist es denn dann? Wenn mal keine Mutter oder kein Vater mehr für die Zeugung eines Kindes nötig ist, wenn es mal mehr alleinerziehende Eltern gibt als klassische Familien, dann lässt sich darüber diskutieren, ob das traditionelle Familienbild noch die Norm ist. Heute ist es die Norm. Diese Wahrheit lässt sich auch vom gendergerechten Zeitgeist nicht verbiegen. 

Außerdem: Wer wird denn diskriminiert, wenn Kinder Mutter oder Vater etwas schenken? Auch die Kinder von Alleinerziehenden, von lesbischen oder schwulen Paaren haben Mütter und Väter. Und wenn die nicht zu greifen sind, finden sich immer Abnehmer für Bastelarbeiten aus dem Kindergarten. Es braucht eben etwas Sensibilität für die Kinder, für die andere als Vater oder Mutter die Bezugspersonen sind, denen sie danken wollen; oder für jene, für die Vater- oder Muttertag an einen Verlust erinnern. Das  hat bisher offensichtlich geklappt, sonst hätte die einem völlig überschätzten gendergerechten Zeitgeist geschuldete Entscheidung der Kita in Mardorf nicht das Interesse der Republik auf sich gezogen.

Frank Pröse

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