Vorm Mauerfall

Wie sieht Abgrenzung aus? Die Frage darf man schon mal stellen, in diesem Fall an die CDU-Führung. Die scheint nämlich ihren Kompass im Umgang mit der AfD verloren zu haben, zumindest hat sie ihre Gliederungen im Osten nicht im Griff. „Keine Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland…, weder in direkter noch indirekter Form“, das ist für die CDU beschlossene Sache und nennt sich Brandmauer gegen Rechts. Das schließt nicht aus, dass Schwarz-Gelb im Thüringer Landtag das eine oder andere Mal mit der AfD gemeinsam wirken, weil die Rechtsextremen einer Regierungsvorlage zustimmen. Im parlamentarischen Alltag ist das nicht zu vermeiden. In das Dilemma kommen auch andere Parteien – auch im Westen. 

Skandalös wird es aber, wenn die CDU im Bautzener Kreistag einem Antrag der AfD zugestimmt. Es war offensichtlich zu verlockend, mit Leistungskürzungen für abgelehnte Asylbewerber beim Publikum Punkte sammeln zu können. Das in einem Kreis, in dem vor wenigen Wochen eine Flüchtlingsunterkunft angezündet wurde. Was ist also mit der von der CDU so oft postulierten Brandmauer gegen Rechts? Steht sie noch auf wackligem Fundament oder unmittelbar vor dem Fall – zumindest in Ostdeutschland?  

CDU-Chef Friedrich Merz ist angetreten mit dem Ziel, den Stimmenanteil der AfD zu halbieren. Dabei ist er krachend gescheitert, wurde die AfD doch in Thüringen inzwischen zur stärksten Kraft. Der Erfolg der Rechtsextremisten bringt die CDU im Osten in die Klemme. Erste zaghafte Versucher der Annäherung gibt es in Sachsen. In Meißen sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende Sven Eppinger zur Zusammenarbeit mit der AfD: „Mauern fallen immer. Und auch so sieht man im Konrad-Adenauer-Haus manches an den Realitäten vorbei.“

Es fällt schon auf, dass sich nicht nur auf kommunaler Ebene ideelle Mauerdurchbrüche ankündigen. Michael Kretschmer, Ministerpräsident in Sachsen und Stellvertreter von Merz im Parteivorstand, fällt immer wieder mit fragwürdigen Äußerungen auf. Oder er sagt nichts, wo er hätte Kritik anbringen müssen, wie im Fall des CDU-Landrats Udo Witschas in Bautzen, dessen fremdenfeindliche Äußerungen in Flüchtlingsfragen, die Bundes-CDU harsch verurteilte.  

Wenn es gegen Flüchtlinge geht, dann ist Witschas dabei, dann hebt er die Hand für einen AfD-Antrag zu Leistungskürzungen für angelehnte Asylbewerber. In der Sache ist das eine Lappalie, denn der Großteil der Leistungen ist auf Bundes- oder Landesebene geregelt. Es zählt vielmehr die Symbolik , mit der die CDU-Gremien auf höherer Ebene bloßgestellt werden. Wenn sie Verstöße gegen Parteibeschlüsse nicht wie groß angekündigt (Metz) sanktionieren, bröckelt die Mauer bald auch im Westen.

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