Döpfners Zeitungswelt

Hat da ein rachsüchtiger Julian Reichelt Einblicke in sein Tagebuch gewährt? „Die Zeit“ hat ihr zugespielte Mails und Chatnachrichten von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner veröffentlicht, in denen er unter anderen Unsinnigkeiten Ostdeutsche beleidigt, den Klimawandel begrüßt und seinen früheren als Krawallmacher geholten und später geschassten „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt inständig bittet, vor der Bundestagswahl die FDP hochzuschreiben. Einzelheiten des mitunter dummdreisten, oberflächlichen, arroganten, zerfahrenen und manipulativen elektronischen Schriftverkehrs mit Döpfners Führungskräften lassen sich bei „Zeit“ und „Spiegel“ nachlesen.  Es bedarf ihrer aber nicht zu der Feststellung, dass die geistige Dünnbrettbohrerei basierend auf Schwarz-Weiß-Denken und Vorurteilen schon immer zur DNA von „Bild“ gehörte. Die Zeitung für den Stammtisch und die Frühstückspause muss skandalisieren und auf simple und damit schnell fassbare Parolen setzen, das wollen ihre Käufer ja auch lesen. Es fehlt an Fantasie, eine Alternative für diese Zielgruppe zu entwickeln.

Wer Hintergrund, Überparteilichkeit und Haltung schätzt, informiert sich immer schon über andere Medien, die nicht weisungsgebunden berichten und als Kampfblatt tendenziös Stimmung machen. Zur Wahrheit gehört, dass es keine Zeitung gibt, die unparteiisch berichtet. Freie Presse ist ja auch nicht dazu angehalten, neutral zu sein. Sie kann sich unter Wahrung der faktenbasierten Wahrheit, von Menschenverstand und Toleranz offen positionieren und bietet damit dem Konsumenten über die Vielfalt des Angebots die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und sich eine eigene Meinung zu bilden.  

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass „Bild“ mit der Macht der Reichweite von Anfang an sowohl Regierungen und Parteien vor sich hergetrieben hat, als auch für die Berichterstattung der Medienkonkurrenz nicht selten Taktgeber war. Weil viele brav übers hingehaltene Stöckchen sprangen, sahen sie sich bei Springer ermutigt, politisch Einfluss zu nehmen, ja, Politik zu machen nach dem Motto: „Bild dir meine Meinung“. Vorverurteilende Inhalte und krakeelender Stil färbten auch auf die Berichterstattung anderer Medien ab, in deren Führungsetagen die Sorge vorherrschte, einen von „Bild“ gesetzten Megatrend zu verschlafen. Es waren und sind zusammen mit willfährigen und publicitygeilen Politikern die Steigbügelhalter der manipulativen Berichterstattung eines Medienimperiums, das damit die Demokratie gefährdet. „Fox-News“ und Co. zeigen doch, wohin das führt. 

Die Döpfners und Murdochs dieser Welt sind die wahren Feinde der Demokratie. Zumindest beim Springer-Chef stellt sich allerdings die Frage, wie es dazu kommen konnte? Die „Zeit“ schreibt dazu: „Von Axel Springer ist der Satz überliefert, Zeitungen sollten zwar an der Politik teilhaben, aber keinesfalls Politik machen. Seine Witwe Friede hat diese Sicht gerade erst bekräftigt. In einem Interview mit der Initiative `Gesichter der Demokratie` sagte sie vor ein paar Tagen: `Journalismus muss Politik begleiten und erklären, nie machen.` Abhängiger oder gar parteiischer Journalismus wäre eine Rückkehr ins 19. Jahrhundert.“ Die meisten Herausgeber und Verleger in Deutschland haben das verinnerlicht.

Döpfner: „Ich bitte um Entschuldigung“

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