In Bayern stehen Wahlen an. Vor derlei Terminen läuft Dampfplauderer Markus Söder zur Hochform auf. Wenn sich dann an der Umfragefront Themen für Mehrheiten anbieten, springt der „Maggus“ drauf, selbst dann, wenn er mit dem neuen Engagement seine bisherige Politik konterkariert. Zum Stichtag der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in Deutschland fordert er jetzt eine Änderung des Atomgesetzes und eine Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft: „Das ist nicht das letzte Wort“.
Richtig „Maggus“! Es wäre vielleicht nicht das letzte Wort, wenn die Gesetzgebungskompetenz nicht aus gutem Grund beim Bund läge, der die Ausführung des Atomgesetzes von Ausnahmen abgesehen an die Länder delegiert.
Es wäre vielleicht nicht das letzte Wort, wenn Bayern bei Fragen der Endlagerung des Atommülls nicht auf der Bremse stehen würde. „Nicht in Bayern!“ Das stellte schon 2010 der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger fest: „Keine Diskussion über alternative Standorte, sonst zünden wir die ganze Republik an.“ Wenn aber im Freistaat „kein Endlager möglich“ (Söder) ist, dann fragt sich doch auch, wo der Müll entsorgt werden soll, wenn bayerische Meiler in seiner Verantwortung laufen. Wie der Landesvater im Süden tickt, lässt sich auch an der Aufregung ablesen, die ihn befällt, weil Tschechien ein Endlager in der Grenzregion zu Bayern plant.
„Es sollte uns zu denken geben, dass es nicht eine Rückversicherung auf der Welt gibt, die Versicherungen versichert, die Atomkraftwerke versichern.“
Prof. Harald Lesch in der Sendung „Maischberger“
Es wäre auch nicht das letzte Wort, wenn Bayern die Kernkraft in den eigenen Landen auch selbst mit Milliarden alimentieren würde, denn ohne staatliche Subventionen in stattlicher Höhe und die Übernahme von Risiken ist kein Energiekonzern bereit, in einen Atommeiler zu investieren. Das „Fass ohne Boden“ wurde schon regierungsamtlich festgestellt und war damit einer der Sargnägel für die friedliche Nutzung der Kernenergie. Wer sich Zeithorizonte und Kostenexplosionen eines Neubauprojekts in Finnland anschaut oder die Probleme der Franzosen bei Betrieb und Unterhaltung ihrer Meiler, der kann nicht zu einer anderen Einschätzung kommen. Söder traut sich seinen Vorstoß „auf Kosten des Freistaates“ nur, weil er weiß, dass es ein Rohrkrepierer ist. Denn solange der Atommüll, die Konsequenzen eines Nuklearunfalls und dann auch die Kosten des Rückbaus ein Problem ganz Deutschlands sind, kann es keine Eigenmächtigkeit der Länder geben.
Und wenn „Maggus“ die Sorge um eine Energiekrise umtreibt, dann sollte er so ehrlich sein, dass er den Bau neuer Stromtrassen für die Windenergie aus dem Norden ebenso blockiert wie den Bau von Windsmühlen und somit selbst Engpässe provoziert. Dem Populisten fällt also seine eigene Untätigkeit in Sachen Erneuerbare vor die Füße. Vielleicht vertraut der Landesvater auf die viele heiße Luft, die er so im Laufe einer Legislaturperiode produziert. Die ließe sich vielleicht für Fernwärme nutzen.
Übrigens: Als Umweltminister drohte Söder 2011 mit einem Rücktritt, wenn der Atomausstieg in Bayern erst nach 2022 abgeschlossen wird. Das war die Zeit, als er noch glaubte, mit dem Umarmen von Bäumen Politik machen zu können. Jetzt klebt er sich, einer Karikatur dieser Tage folgend, am Atommeiler fest. Der Mann gehört in die Umlaufbahn, was Wunschtraum bleiben wird, denn den Weltraumbahnhof in Bayern hat er bisher nur angekündigt…