Warten auf Sahra

Messias Rudi hat geliefert: 2:1 gegen Frankreich! Sein weibliches Pendant Sahra, auf das sich ob unklarer organisatorischer, inhaltlicher und personeller Vorlagen für ihre neue Partei erstaunlich viele große Hoffnungen vereinen, ist noch in der Bringschuld. Der Fragezeichen gibt es ähnlich viele, wie dereinst beim ersten Versuch, Gleichgesinnte über die Sammlungsbewegung „Aufstehen“ zu organisieren. Das war 2018. Heute fragt sich die Nation: Gründet nun Sahra eine Wagenknecht-Partei oder nicht? Und wenn, dann wann? Sie macht Andeutungen, will oder kann sich aber noch nicht entscheiden. Sie, die doch so taff und unbeirrbar auftritt. Sie, die auf ihrem ausgeprägten Ego-Trip mit ihren Büchern geschäftlich erfolgreich ist, zugleich aber die Parteiarbeit vernachlässigt und ihre langjährigen Mitstreiter auch durch Pauschalkritik an Linken-Themen verärgert hat. Ausgerechnet sie, der akribische Organisation nicht liegt, will fast aus dem Nichts eine weitere Anti-Mainstream-Partei gründen. 

Die Partei „Die Linke“, der sie noch angehört, hat die Wahl-Saarländerin gewieft in eine scheinbar ausweglose Situation zu ihren Gunsten getrieben. Nun kämpft die Linke ums Überleben, beschäftigt sich dabei naturgemäß viel mit sich selbst und weiß nicht einmal, wer letztlich an Bord bleibt, wenn Sahra rufen sollte. Das würde „Die Linke“ auf alle Fälle schwächen. Ob eine Wagenknecht-Partei der AfD ein paar Prozente abnehmen könnte, wie viele hoffen, sei dahingestellt. Die euphorische Interpretation auf die Umfragefrage „Würden Sie eine Partei wählen, die es vielleicht mal geben wird und deren Programm niemand kennt?“, ist jedenfalls unangebracht. 

Gleichwohl hat die Populistin bei der Rekrutierung von Stimmen eben die AfD-Wählerinnen und –wähler im Sinn, decken sich doch einige ihrer Ziele mit denen der Rechtspopulisten. Dem „Tagesspiegel“  sagte Wagenknecht, dass sie AfD-Wählern eine neue politische Heimat bieten wolle. Sie sehe eine „Leerstelle im politischen System“. Viele fühlten sich von keiner Partei mehr vertreten und wählten „aus Verzweiflung“ die AfD. „Ich fände es gut, wenn diese Menschen wieder eine seriöse Adresse hätten“, so Wagenknecht. Mit „Linkskonservatismus“ überschreibt sie ihr Angebot, das AfD-Chefin Alice Weidel einige Sorgen bereitet: Dies werde das „regierungskritische Lager“ spalten, sagte sie im ARD-„Sommerinterview“. Damit solle die AfD von einer Regierungsbeteiligung abgehalten werden. Wagenknecht sei damit „eine willige Erfüllungsgehilfin für die Ampel“ und auch für die CDU. 

Vorerst aber bleibt abzuwarten, ob Wagenknechts Kritik an angeblichen woken „Lifestyle-Linken“, ihr relativierendes Verständnis für das Handeln von Kriegstreiber Wladimir Putin und ihre plakativen, aber wenig originellen Sozialforderungen als Basis für die Gründung einer weiteren Partei ausreicht. Bis dahin hat die „Lordsiegelbewahrerin des gestärkten Bügelblusenmarxismus“ (Wiglaf Droste, taz) noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Frank Pröse

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