„Wir gewinnen gern“

Mit dem Erwerb der Galeria Kaufhof-Immobilie im Stadtzentrum setzt Hanau ein Zeichen für alle Kommunen, die mit den Schließungsplänen des Warenhaus-Konzerns um die Attraktivität ihrer Innenstädte fürchten. Denn mit dem drohenden Leerstand der Häuser, die in der Vergangenheit Hunderttausende angelockt hatten, droht eine immer schnellere Verwaisung der City, denn die Schließungspläne von Galeria-Karstadt-Kaufhof seien „nur die Spitze des Eisbergs“, wie die Präsidentin des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK), Kirsten Schoder-Steinmüller, sagt. Auch viele kleinere Geschäfte hätten in den vergangenen Monaten geschlossen. Schuld daran seien die Corona-Pandemie, Fachkräftemangel, gestiegene Energiepreise und die Konsumflaute gewesen. Der Handel sei nicht mehr alleiniges Zugpferd, um Menschen in die Innenstädte zu locken.

Stadtmarketing-Experten setzen deshalb auf Vielfalt, wollen einen Mix aus Wohnen und Arbeiten, Kinderbetreuung und Kulturangebot, Gastronomie und Einzelhandel entwickeln. Eine solche Mischnutzung ist es, die Innenstädten wieder helfen könne, glaubt HIHK-Chefin Schoder-Steinmüller: „Es braucht Nutzungsvielfalt statt Monostrukturen in den Innenstädten“, sagte sie. In. dieser Hinsicht ist Hanau schon Vorreiter, unter anderem auch mit der Einbindung der Stadtbibliothek ins wuselige Stadtleben. Weitsicht bewiesen die Kommunalpolitiker mit Oberbürgermeister Claus Kaminsky auch mit einer Vorkaufsrecht-Satzung für Immobilien, die Hanau in die Lage versetzt hat, selbst über die Nutzung strategisch wichtiger Immobilien bestimmen zu können, was unter anderem die Verantwortlichen in Offenbach darüber nachdenken lässt, dem Beispiel zu folgen. Kaminsky erläutert im Interview mit Gerhard Grandke und Frank Pröse die Hanauer Strategie…

Claus Kaminsky, Oberbürgermeister von Hanau.

Gerhard Grandke: Wie organisieren Sie das Erfolgsmodell Hanau?

Claus Kaminsky: Die Problemlösungskompetenz in Verwaltungen, das gilt auch ein Stück für Hanau, nimmt tendenziell durch eine zu bürokratische Sicht eher ab als zu. Die Komplexität der Aufgabenstellung ist umgekehrt proportional. Also muss man eine Struktur schaffen, die zu Problemlösungen führt, die nicht nur auf die eigene fachliche Expertise beschränkt sind. Das ist recht abstrakt, dass weiß ich. Deshalb aus der Praxis: Hier an dem Tisch in meinem Büro findet ganz viel statt. Da gibt es eine gesetzte Persönlichkeit, das ist mein Alter Ego Martin Bieberle und dann je nach Problemstellungen sind wir dynamisch unterwegs und nach außen offen. 

Frank Pröse: Könne Sie das an einem, Beispiel aufzeigen?

Wir haben jetzt das Kaufhof-Thema vor der Brust. Damit beschäftigen sich 20, 30 Leute quer durch die Republik, in den einzelnen Genres immer mindestens auf Bundesliga-Niveau. Bei aller Wertschätzung für alle Mitarbeitenden in unserer Verwaltung, aber solche verwaltungsfremden, komplexen Einzelfragen rechtlich seriös abzuarbeiten, ist nicht parkettsicher leistbar.

Wir nehmen uns also die Freiheit, ausgehend vom kleinen Tisch, immer auch externe Expertisen für Vergabe oder Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Diese Offenheit ist zunächst für die Ideenfindung und dann für den Erfolg der Projekte entscheidend. Das ist recht simpel, wenn man es denn mal eingeübt hat. Man muss dazu kommen, dass man die lokalen Strukturen für die Standards nutzt. Ab einer bestimmten Komplexität braucht man dann aber zusätzlich die Besten, die man bekommen kann.  

Gerhard Grandke: Die Besten kosten aber auch mehr Geld. Das ist doch ein Problem, angesichts klammer kommunaler Kassen…

Das ist aber nicht das Feld fürs Sparen. Denn was nützt der billigere Anwalt, wenn er uns schlecht berät. Wir gewinnen gern.

Frank Pröse: Wie findet man denn die Besten der Besten, zumal Externen ja lokaler Sachverstand fehlt?

Da habe ich ein Ereignis beispielhaft im Kopf. Als wir hier den Wettbewerblichen Dialog hatten, hatte es ein hoch angesehener Projekt- und Immobilienentwickler nicht gerade überraschend ins Halbfinale geschafft. Dass er in Hanau gewinnt, das war allen völlig klar. Für mich nicht. Wir haben ihn dann trotz der drohenden Klagen rausgeschmissen, weil er entgegen unseren Vorstellungen einen unansehnlichen Kasten auf den Freiheitsplatz bauen wollten. 

Wir waren von Anfang an juristisch so exzellent aufgestellt, da hatte der prominente Projektentwickler keine Chance. Wenn man auf diesem Feld mit den Besten zu tun hat, muss man sich eben auch entsprechend wappnen. Das war jetzt sehr gestrafft. Unterm Strich geht es also um die Organisation hier im Kleinen, die Rekrutierung von externen Experten und die gemeinsame Ideenfindung. Das ist schon das ganze Geheimnis. Mit diesem Konzept haben wir Konversionsentwicklung gemacht, eine Innenstadt umgebaut und so kaufen wir jetzt das Kaufhof-Gebäude. 

Frank Pröse: Dieser allerorten gelobte professionell organisierte Managementprozess musste sicher auch gegen Widerstände in der Verwaltung durchgesetzt werden…

Es war ein Stück weit Überzeugungsarbeit, dass es hier nicht um mangelnde Wertschätzung, sondern um Unterstützung unserer Verwaltungsexpertinnen und –experten durch Externe ging…

Gerhard Grandke:  … in Koalitionen stelle ich mir das besonders schwierig vor.

Ja, natürlich. Ich habe jetzt gut reden. Am Ende ist schon Erfolg das stärkste politische Argument. Man traut uns mittlerweile – wir finden zu recht – alles zu. Und die, die wie die CDU beim Umbau der Innenstadt irgendwie so dabei war, oder wie bei der Entwicklung des Areals Kinzigbogen immer wieder rumgemäkelt haben, die wurden durch den Erfolg der Projekte eines Besseren belehrt. Mittlerweile regieren wir mit der CDU zusammen. Und die Stadtverordnetenversammlung zeigt sich einig, bei den großen Entscheidungen für unsere Stadt – so zuletzt am 16. Oktober: einstimmig wurde der Kauf der Kaufhof-Immobilie beschlossen. 

Damals in der Vierer-Koalition war für mich ein Punkt immer gesetzt: Wenn drei sich einig sind, muss sich der Vierte der Stimme enthalten. Mit dieser Vereinbarung sind wir gut gefahren, auch wenn manche Diskussion mit einem der Koalitionspartner sehr anstrengend war. Aktuell habe ich politisch in Hanau keinen Stress. Und das über eine ohnehin beachtliche Koalition mit CDU und FDP hinaus. Wobei wir die FDP rechnerisch gar nicht brauchen. Ich habe aber darauf bestanden, ich will die Liberalen dabeihaben. 

Frank Pröse: Aktuell haben Sie ja wie viele andere Städte das Problem mit dem drohenden Leerstand der Kaufhof-Immobilie, dass Sie in Hanau aber mit der Möglichkeit des Erwerbs durch eine 2019 beschlossene Vorkaufsrecht-Satzung offensiver angehen können. Was war damals der Anlass für diesen Schritt, die Kaufhof-Problematik gab es ja damals noch nicht?

Das waren grundsätzliche Erwägungen. Für mich stehen die Innenstädte in einem Schicksalsjahrzehnt. Wenn man diese komplexe Aufgabe für die Stadtentwicklung, die weit über Fragen, die Handel und Gastronomie betreffen, allein dem Markt überlässt, dann werden wir Ende des Jahrzehnts viele, viele Innenstädte nicht mehr wiedererkennen. 

Gerhard Grandke: Wohin würden die sich Ihrer Meinung nach hin entwickeln?

Trading down – hin zu Strukturen, die im Grunde fast keiner haben will. Die unter anderem aber sogar zwangsläufig entstehen über die Eigentumssituation beispielsweise bei Erbengemeinschaften mit vorrangigem Interesse an hohen Mieten aber wenig Interesse an einem vernünftigen Angebotsmix in der Innenstadt. Als wir uns damals zusammengesetzt haben, war für uns der strategische Punkt, dass die Stadt ins Eigentum kommen muss. Wir wollten bei jeder Eigentumsbewegung in der Innenstadt dabei sein. Deswegen haben wir eine Vorkaufsrecht-Satzung gemacht, die weit über das normale öffentliche Vorkaufsrecht hinausgeht. 

Frank Pröse: Wie oft haben Sie denn darauf zurückgreifen können oder müssen?

Der Witz ist: Wir haben diese Satzung nur an wenigen Stellen überhaupt gebraucht. Das hängt auch damit zusammen, und da habe ich auch was dazugelernt, dass bei solchen Geschäften gerne jede Menge Schwarzgeld fließt.

Ein Beispiel aus unserer Lernphase am Anfang. Da sind wir in die Vorkaufsverhandlungen gegangen, weil der Preis so günstig angesetzt war – und wir waren damit die Störenfriede. Ich habe damals zur Verkäuferin gesagt, „das Vorkaufsrecht kann Ihnen doch egal sein, wir bezahlen das, was der andere auch bezahlen würde“. Das war eben nicht so, weil der andere noch ein schönes Sümmchen unterm Tisch rübergereicht hätte. 

Die Szene haben wir so schon mal stark irritiert. So ähnlich lief das zwei, drei Mal ab. Und diejenigen, die dann den Preis hochdrehen wollen, denen drohen wir mit Klage. Da Spekulanten ja schnell Geld wollen, kommen sie direkt. Dann schauen wir, wie wir das ohne Verkaufsrechnung sauber abwickeln. Es hat sich auch eine dritte Variante daraus ergeben. Es kommen neue Eigentümer und verpflichten sich per Vertrag, was sie dort machen wollen. Sie sehen: Über die Vorkaufsrechtssatzung hat die Stadtverwaltung immer den Fuß in der Tür. 

Gerhard Grandke: Die Immobilie ist gekauft, wie funktioniert dann Strukturpolitik? 

Es gibt es nichts Besseres als Erfolg. Im Fall des alteingesessenen Spielwarenhändlers Brachmann ist der Eigentümer zu uns gekommen und hat gesagt, er will den ganzen Ärger mit Vorkaufsrecht nicht, ob wir die Immobilie nicht kaufen könnten. Die haben wir dann für einen fairen Preis bekommen. Und weil wir als Stadt eine andere Margenhaltung haben und uns am Ende aus den Mieteinnahmen eine schwarze Null reicht, machen wir auf diesem Weg Strukturpolitik. Also haben wir uns auf die Suche gemacht und sind dabei mit etwas Glück mit einer Familie Glück zusammengekommen, einem Spielwarenhändler aus der Umgebung. Die waren erst skeptisch wegen der üblichen Miete im Innenstadtbereich. Wir haben sie beruhigt, indem wir ihnen gesagt haben, dass die Zahlungen für uns lediglich auskömmlich sein müssten – bis hin zur schwarzen Null. Das hat dann funktioniert und alle sind heute fröhlich und zufrieden. Diese Dynamik unterscheidet uns von manch anderen, die sich in der Innenstadt auch viel bemühen. Wenn man aber diesen Hebel mit Vorkaufsrecht nicht hat, dann weiß ich nicht, ob man es packen kann.

Frank Pröse: Nun ist das Vorkaufsrecht ja nur ein Teil im Puzzle zu einer zeitgemäßen Innenstadtstruktur. Hanau macht noch durch andere Initiativen auf sich aufmerksam.    

Die Publizität, die wir mit diesem Vorkaufsrecht erlangt haben, hat Auswirkungen auf andere Struktur-Projekte wie das „Hanau aufladen“ mit vielen Maßnahmen, wie etwa Pop-up-Stores in 1a-Lagen. Jetzt haben wir Anfragen aus der gesamten Region, also überhaupt kein Leerstandsproblem.  

Gerhard Grandke: Sogar das Frankfurter Traditionsunternehmen Lorey wurde mit einer Filiale nach Hanau gelockt.

Das hätte nie funktioniert, wenn wir nicht Immobilieneigentum hätten und den Neuen ihren Start finanziell nicht erleichtern könnten. Ähnlich ist es bei den Pop-up-Stores, wo wir den meist jungen Leuten, die sich schon im Onlinehandel getummelt haben, die Gelegenheit geben, sich im stationären Handel bei minimaler Miete auszuprobieren. Da sind wir dann als Stadt schon auch mal unter Wasser. Geht es schief, muss aber niemand in die Privatinsolvenz. Bisher sind wir noch nie gescheitert. Im Gegenteil: Die meisten, die bei uns so gestartet sind, sind mittlerweile zu ortsüblichen Mieten auf freier Wildbahn, weil wir die Projekte ja zeitlich begrenzen. Sie haben sich ausprobiert und werden dann in der Stadt weitergereicht. Das ist gar nicht kompliziert, man muss einfach nur machen. 

Frank Pröse:  Das läuft ja in Hanau schon eine ganze Weile mit Erfolg. Da stellt sich für mich die Frage, warum macht es keiner nach, zumal die Investitionen überschaubar sind? In der Nachbarstadt Offenbach schlagen sie sich mit teuren Konzepten externer Agenturen herum, kommen aber lange nicht so aus dem Quark wie das Leuchtturmprojekt Hanau in direkter Nachbarschaft.

Eine tolle Idee in Offenbach ist es, unser Kulturforum zu kopieren. Aber Spaß beiseite. Ja, die ausgetretenen Pfade zu verlassen, dazu gehört eine Portion Mut. Aber aus meiner Sicht ist es für einen OB schon sehr mutig, seine Innenstadt verkommen zu lassen. Am Ende sind wir schon da, die Dinge zum Besseren zu wenden.  

Gerhard Grandke: Als regelmäßiger Wochenmarktbesucher in Offenbach nehme ich wahr, dass ein Metzger am Wilhelmsplatz seinen Stand ab und in Hanau auf dem Freiheitsplatz wieder aufgebaut hat. Das Traditionshaus Betten-Kaiser hat den Standort in Offenbach aufgegeben, ist nurmehr in Hanau vertreten. Mit was locken Sie den Handel?

Wir suchen den Kontakt und hören zu. Ein Beispiel: Wir haben einmal im Monat die Marktbeschicker bei uns im Hof zum Nierenspieß-Essen. Das Treffen zum gegenseitigen Anhören ist uns wichtig, weil der Wochenmarkt ein Juwel ist. Das hat beispielweise dazu geführt, dass wir kurz nach Ausbruch von Corona die Marktgebühren abgeschafft haben. Bis heute haben wir sie gar nicht wiederbelebt. Das ruiniert meinen kleinen Haushalt nicht, es macht die Marktbeschicker auch nicht reich, aber es ist ein Willkommens-Symbol für sie. Das ist auch so, denn ohne Markt werden beispielsweise am Samstag 60 Prozent weniger Geschäfte getätigt. Also bemühen wir uns um die Marktbeschicker, finanziell und emotional. 

Ich habe nicht vor, die Fußgängerzonen abzuschaffen.

Claus Kaminsky zur Verkehrspolitik in Hanau

Gerhard Grandke: Wie hält es Hanau mit der Verkehrspolitik? Die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto hält die Politik in Offenbach seit Jahren in Atem. 

Ich bin dankbar für die Politik in Offenbach und in Frankfurt, weil dort zumindest der Eindruck des Nicht-Willkommens von Autos und Insassen nicht aus der Welt geschafft wird. Wir kommunizieren diese Haltung nicht, wir leben sie auch nicht. Natürlich sorgen auch wir für Radwege. Wir überbetonen dieses Thema aber nicht, das ist für eine Innenstadt Gift. 

Frank Pröse: Wobei Sie den Verkehr hier rund um den Freiheitsplatz auch eingeschränkt haben…

Na klar, das gibt es schon lange. Und ich habe nicht vor, Fußgängerzonen abzuschaffen. Die Kunst ist es, eine Balance zu finden. Zu unserer Strategie gehört auch, dass wir die Parkgebühren in unseren Parkhäusern gesenkt und im öffentlichen Raum erhöht haben, um den Suchverkehr zu lenken. 

Frank Pröse: Stadtentwicklung kommt nie zum Stillstand. Justieren Sie also in regelmäßigen Abständen nach?

Das klingt jetzt übertrieben, aber wir überprüfen unser Konzept täglich. Wir sind am Puls dran über Treffen wie die mit den Marktbeschickern und ständigen Austausch mit beispielsweise dem Marketingverein, früher Einzelhandelsverband. Vor meiner Zeit war das so: Die städtisch Verantwortlichen wussten genau, wer schuld ist am Niedergang der Innenstadt, nämlich der Einzelhandelsverband. Der wiederum wusste auch, wer schuld ist, nämlich die Stadt. Da hat jeder in seinen Schützengräben gehockt und geschossen. Der Innenstadt hat´s nichts genutzt. Inzwischen haben wir ein sehr gutes Miteinander im Dauerdialog, spüren schnell, was los ist und können deshalb schnell reagieren. Dazu braucht es auch den Mut zum Ausprobieren, den Mut, Fehler zu machen. 

Frank Pröse: Na ja, Fehler kosten Geld…

Wir setzen ja nicht Millionen ein. Gehen Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Hanau mal in den Fronhof. Da haben wir mit kleinem Budget Holzbänke hingestellt. Jetzt ist das mitten in der Altstadt ein kleiner kultureller Treffpunkt. Für so etwas brauchen wir keine Gutachten oder seitenweise ausgearbeitete Konzepte. Wir fangen an und schauen dann mal. Wenn´s nicht funktioniert, packt man eben wieder zusammen. 

Frank Pröse: Dafür stehen dann auch immer die entsprechenden finanziellen Ressourcen zur Verfügung?

Ist ja kleines Geld im Verhältnis zu dem, was man bekommt. Und durch den gewissen Hype, den wir jetzt haben, wird es immer einfacher, an Landes- und Bundesmittel zu kommen, zumal sich die Minister und Staatssekretäre bei der Übergabe der Bescheide mit unseren erfolgreichen Projekten schmücken können. Von daher fließen uns im Moment erhebliche Mittel zu, die uns unser Aushängeschild leichter pflegen lassen. Eines ist ja sicher: Wenn die Innenstadt den Bach runtergeht, dann strahlt das negativ auf die gesamte Stadt aus. Und wenn das Image der Stadt leidet, hat das Auswirkungen auf Firmenansiedlungen, Fachkräfte- und Neubürgergewinnung. 

Gerhard Grandke: Wie wird die Innenstadt Hanaus in der Zukunft aussehen?

Ich beschränke mich mal aufs nächste Jahrzehnt. Da läuft es auf ein anders Mischungsverhältnis hinaus. Eine aufs Einkaufen reduzierte Innenstadt wird es nicht mehr geben. Wenn man die richtigen Einzelhändler findet, wird die Stadt allerdings durchaus redimensioniert für den Einkauf besucht werden. Wir schulen unsere Händler bereits entsprechend. Die gastronomische Nutzung wird eine größere Rolle spielen in der Innenstadt als Begegnungsstätte zum gegenseitigen Austausch – ähnlich der Atmosphäre auf dem Wochenmarkt.  Darüber hinaus muss die Stadt kulturelle Angebote machen, also Besuchsanlässe schaffen. Dazu braucht man nicht den großen Auftritt, viele kleinere sind da effektiver. In diesem Zusammenspiel wird sich Innenstadt entwickeln müssen oder sie wird untergehen. 

Ein Gedanke zu ”„Wir gewinnen gern“

  1. Lieber Herr Pröse, lieber Gerhard,
    mir kommen die Tränen, das haben wir damals mit der Arbeitsgemeinschaft Citymamagement und der IHK in Hanau initiiert. Die haben das „Offenbacher Modell“ übernommen und weiter geführt, siehe Interview. Prima!
    Und wir in Offenbach haben das nicht weiterverfolgt und sind zum Schluss bei „Urbanista“ gelandet. Teuer und nichts erreicht. Ich war da auch selbst beteiligt, habe aber immer gefordert, dass auch kurz- und mittelfristige Projekte genannt werden. Tolle Projekte, mit Beispielen aus europäischen Hauptstädten wurden tagelang diskutiert, öffentlich von IHK und Stadt gelobt, aber nichts ist geschehen.
    Ich glaube, es fehlt ein Blick in die Realität: Finanziell fehlen für das Kaufhofprojekt die Mittel, auch die Nutzungsfragen sind nicht so zu lösen, wie eventuell in anderen Städten. Im Komm-Center wird es immer leerer, die Frankfurter Straße ist keine A-Lage mehr, der Kern der City ist nur noch B- oder C-Lage. Auch auf unserem Wochenmarkt, der einzige „Leuchtturm“ in der City, sind erste Auflösungen festzustellen. An der neuen Qualität und Ausstattung des Marktplatzes kann man zweifeln. Dessen Aufenthaltsqualität wird sich aufgrund der umliegenden Gastronomie und Einzelhändler, der miesen begleitenden Architektur, nicht verbessern. Es bleibt halt immer noch ein Verkehrsknotenpunkt.
    Mit was locken wir Auswärtige an? Was immer geht, sind die Arztbesuche in den zahlreichen Ärztehäusern und der Weg zum Rathaus. Aber auch der Rathausplatz ist öde, die Pavillonnutzung ist temporal, aus der Dachterrasse ist auch nichts geworden. Beachclub auf dem Aliceplatz, nicht wirklich! Dafür stehen jetzt die Kübelpalmen in der Innenstadt herum, ohne jeden Bezug. Sind die vergessen worden abzuholen?

    Bei diesen Kleinigkeiten fängt es aber an. Wo sind der Kümmerer, die Citymanagerin, das Stadtmarketing (gibt es das?), der Einzelhandelsverband, der Hotel-und Gastronomieverband, Offensive-IHK und…?
    Ich glaube, der Urbanista-Masterplan für die Innenstadt ist gescheitert.

    Und jetzt? Ohne Hintergrundwissen, wer macht wann was, wer führt, wer kann helfen, habe ich auch keinen aktuellen Vorschlag. Ich würde aber anfangen bei einer gnadenlosen Analyse, die von der Urbanista ja am Anfang des Projektes vorgelegt wurde, aber durch die vorgestellten Projekte und Planungen „Offenbach-2030“ verschleiert wurden.
    Wer aber ist jetzt noch einmal bereit, nach dem so viel Zeit vergeudet und so viel (?) Geld ausgegeben wurde, an diesem Ausgangspunkt zurückzukehren.
    Vielleicht lässt sich das Thema noch einmal vom Bloghaus-Team mit Grandke, Pröse, Müller etc. aufnehmen.
    Wenn ich das von Hanau lese, geht mir der Hut hoch, auch noch nach nun 20 Jahren!

    Anmerkung der Redaktion: Der Architekt Klaus Hansen war lange Jahre City-Manager in Offenbach.

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