Die Zeit rennt. In knapp 16 Jahre soll der erste ICE im neuen Frankfurter Fernbahnhof halten. Kommt dieser Zug aus dem Norden, rauscht er kaum fünf Minuten zuvor ohne Halt durch Offenbach. In diesem Winter, spätestens im Frühjahr, wird eine Entscheidung über die möglichen Trassen vor und hinter der Röhre erwartet. Das Gerippe für den Deutschlandtakt soll im Sommer 2024 vorgelegt werden. Beide Planungen sind eng verzahnt. Spätere Änderungswünsche haben kaum eine Chance, weil mit ihnen unzählige Stellschrauben und Weichen quer über die Republik geändert werden müssen.
In Offenbach stand der Umbau des Bahnhofsgebäudes in ein Stadtteilzentrum in den vergangenen Jahren im Fokus. Wünschenswert. Sicher. Bei all ihren Debatten um Kultur und Nachbarschaft an diesem Ort hat die Politik aber die eigentliche strategische Bedeutung und Chancen eines Bahnhofs für die Entwicklung einer Großstadt aus den Augen verloren.
Die Wirtschaft, vor allem ihre Beschäftigten, sind in Zeiten steigender Mieten in den Zentren auf schnelle Verbindungen angewiesen. Eine Stadt via Fernbahntunnel eng mit dem ICE-Kreuz Frankfurt vernetzt, sie hätte einen einzigartigen Standortvorteil in Rhein-Main. Schnelle Übergänge zwischen Bussen und Bahnen machen das Leben für Menschen in der Region, in der man zwischen Wiesbaden und Aschaffenburg arbeitet, einkauft oder Konzerte besucht, angenehmer.
Aber der Bau des Fernbahntunnels weckt auch Befürchtungen: Wie stark ist der nächtliche Güterverkehr? Werden Schallschutzwände die Trennwirkung des Bahndamms weiter verstärken? Wo entsteht vor der Stadt ein massives Kreuzungsbauwerk?
Um alle diese Fragen in einem Konzept für Offenbach zu bündeln, bleibt wenig Zeit. Zu lange hat man gezögert, verdrängt. Aber noch ist eine positive Vision möglich, beispielsweise die einer engen Verknüpfung mit dem Frankfurter Hauptbahnhof. Dazu muss die Politik vor Ort handeln: Sofort, schnell, entschieden und kompetent. Es ist fahrlässig, wenn die zuständige Bürgermeisterin und Verkehrsdezernentin mit der Arbeit warten möchte, bis eine neue Stelle für diese Aufgaben in ihrem Bereich besetzt wird. Offenbach darf keine Zeit verlieren, sondern muss heute beginnen, Dampf zu machen.
Gefragt ist aber auch der Offenbacher Tarek Al-Wazir als Hessischer Verkehrsminister. Er muss seine Loyalitäten klären zwischen einer zentralistisch ausgerichteten Bahnstrategie und der Lebensqualität in seinem Wahlkreis. Eine Win-win-Situation für ihn wie für die Stadt wäre möglich. Dafür muss Al-Wazir aber den bequemen Weg des Abnickens verlassen und muss sich in dieser Frage, die entscheidend für die Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahrzehnten ist, stärker für die Offenbacher Interessen positionieren.
Es gibt ab und zu noch Wunder.
bloghaus beschäftigt sich tatsächlich mit einem drängenden Offenbach Problem.
Respekt.
Wunder gibt es immer wieder. Bin gespannt, wie das ausgeht.
Grüße
Peter Heßler
Wir beschäftigen uns auf kommunaler Ebene nur mit den wirklich drängenden Problemen für Offenbach, die auch über die Stadtgrenzen hinaus Bedeutung haben (könnten). In diesem Fall hat bloghaus.eu die Stadtpolitik wenigstens alarmieren können. Seit kurzem nimmt die Stadt aktiv an den Planungsrunden der Bahn teil.