Die FDP taumelt. Nach Niedersachsen im Herbst ist sie jetzt in Berlin ein zweites Mal aus einem Landtag geflogen. Da bestätigen sich zwei Trends. Zum einen war die Wiederholungswahl in Berlin für die FDP schon die fünfte erfolglose Bewerbung um mehr Verantwortung auf Landesebene seit Antritt der Ampelkoalition im Bund. Und wieder fällt den bedröppelt drein guckenden Liberalen als Antwort auf die aktuelle Pleite nichts anderes ein, als nach einem Strategiewechsel im Bund zu rufen. Der ist wohl angebracht, aber nicht so, wie sich die FDP-Spitzenpolitiker dazu äußern.
Parteivize Wolfgang Kubicki, der sich die Niederlage wie zur Bestätigung seines Images zunächst mal Schöntrinken wollte, gehört zu jenen, die das Heil der Partei darin sehen, in der Ampel nur noch das eigene Wohl zu verfolgen nach dem Motto: Noch mehr FDP im Bund! Wo ist da die neue Strategie? Will die FDP jetzt die Koalition in Berlin im Ernst noch mehr blockieren oder an der Spree öfter ins Regal neoliberaler Selbstverständlichkeiten greifen, was die Wähler beides jetzt schon nicht honorieren?
Nüchtern betrachtet steht Kubickis Partei aktuell mehr für Klientelpolitik, weniger für Liberalismus. Sie wird nicht für das abgestraft, was sie ihren Leitsätzen entsprechend nicht durchsetzt, sondern für das, was sie wie durchsetzt beziehungsweise blockiert. Dass Wähler pragmatische Kompromisse zur harten Parteilinie verstehen, zeigt sich bei den Grünen. Auch die muten ihren Sympathisanten viel zu. Trotzdem halten sie sich in Umfragen konstant oberhalb ihres Wahlergebnisses von 2021. Warum wohl? Sie arbeiten in schwierigen Zeiten konstruktiv in der Regierung mit.
Diese Reife fehlt den FDP-Strategen, die nach jeder Wahlniederlage konsequent nach demselben Muster dogmatisch unterwegs sind. Mut zur Abweichung vom Parteiprogramm wäre – siehe Grüne – Erfolg versprechender. Und Themen für einen liberalen Lackmustest gibt es zuhauf.