Der „Kaiser“ ist tot, Fußball-Deutschland ist jetzt wieder eine Republik. So viel Sarkasmus ist wohl angebracht angesichts des Umgangs der Medien mit zwei prominenten Todesfällen in den vergangenen Tagen. Hier der Hype um den Fußballer Franz Beckenbauer, ein zur „Lichtgestalt“ erhobenes Talent einer Unterhaltungsbranche, dem der FC Bayern in der Allianz-Arena einen würdevolle Abschiedsfeier organisiert. Dort die doch eher nüchterne Befassung mit dem Staatsmann und gefühlt ewigen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Schäuble, einem „schwäbischen Arbeiter im Maschinenraum der Macht“ („Die Zeit“), nicht zuletzt einem tragischen Helden im üblichen politischen Ränkespiel, für den ein Staatsakt in Berlin ausgerichtet wird.
Beide prominenten Toten prägten das Land nachhaltig, jeder auf seine Art sogar identitätsstiftend. Beckenbauer als Weltmeistertrainer und Macher des „Sommermärchens“ sowie eloquenter Botschafter Deutschlands, Schäuble als Mitautor der Einigungsverträge und als Innen-, Finanzminister sowie Bundestagspräsident. Beide leisteten sich in ihren arbeitsamen Leben natürlich auch Fehlschläge.Sogar Korruptionsvorwürfe tauchen in beiden Lebensläufen auf: Bei Schäuble im Zuge der CDU-Parteispendenaffäre. Bei Beckenbauer in Zusammenhang mit der WM 2006.
Im Balltreter-Umfeld von Beckenbauer war mehr Glamour, das prägte den Jungen aus Giesing, dem zudem das Glück über viele, viele Jahre hold sein sollte. Das Extravagente, das Idol, der Held lassen sich medial besser „verkaufen“ als die Kernerarbeit eines hochintelligenten und zugleich etwas muffelig auftretenden Schwaben. Das gilt sicher für die Begleitung der jeweiligen Karrieren, aber doch nicht für die Nachrufe, die sich abseits des Entertainments in gebotenem Abstand mit den Lebensleistungen beschäftigen sollten. Und da wurde und wird medial nicht so viel Bohei um Schäuble gemacht wie um den Franz, der als medial gekröntes Haupt in der Sonderberichterstattung schon beinahe in Queen-Kategorien vorstößt.
Ex-Nationaltorwart Sepp Maier hat mal gesagt: „Wenn der Franz aus dem Fenster springt, fällt er nach oben.“ Ja, wenn das so ist, kann man ihn ja im Münchener Stadion heiligsprechen. Schaun mer mal, dann sehn mer scho. Dann ist´s aber auch gut…