Günther Rudolph hat eine kluge Entscheidung getroffen. Er ist nicht zur Wahl zum Vorsitz der hessischen SPD-Fraktion angetreten, weil ihm als Amtsinhaber seine geringen Chancen gewahr wurden, nachdem ihn Tobias Eckert und Lisa Gnadl herausforderten. Letztlich hat sich Tobias Eckert knapp mit zwölf zu elf Stimmen gegen Lisa Gnadl durchgesetzt. Bemerkenswert an dem Vorgang ist, dass die Landesvorsitzende Nancy Faeser bei der Vorstellung des neuen hessischen Kabinetts ihrer Fraktion empfohlen hatte, Günther Rudolph im Amt des Fraktionsvorsitzenden zu bestätigen, da er einen wesentlichen Beitrag zum Zustandekommen der neuen schwarz-roten Koalition in Hessen geliefert habe.
Rudolph liefert, Faeser nicht. Sie musste doch wissen, dass nach Informationen von „bloghaus.eu“ Lisa Gnadl und in Folge auch Tobias Eckert in jedem Fall als Kandidaten für den Fraktionsvorsitz antreten würden. Damit war klar, dass Rudolph eher geringe Chancen hatte, erneut als Fraktionsvorsitzender gewählt zu werden. Er hat daraus mit seinem Verzicht auf eine Kandidatur auch die richtigen Schlüsse gezogen.
All dies zeigt, dass die hessische SPD offenbar kein Wertesystem mehr hat. Solidarität, Anstand und Haltung spielen offenbar keine Rolle mehr; es geht ausschließlich um Macht. Bereits der Umgang mit der Personalie Marius Weiß, der wegen Urkundenfälschung vom Amtsgericht in Wiesbaden zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, trotzdem einen sicheren Listenplatz erhielt und damit erneut über die Liste in den hessischen Landtag einziehen konnte, zeigt, wie weit sich die Partei von ihren Werten entfernt hat. Offenbar geht es in der hessischen SPD im Moment „drunter und drüber“, die Landesvorsitzende scheint die Partei nicht mehr im Griff zu haben.