Friedrich Merz hat eine gefährliche Entwicklung für den Zusammenhalt der demokratischen Kräfte eingeleitet
Es war vorauszusehen, dass das Wahlkampfthema Migration nicht nur die Bundespolitik, sondern die Gesellschaft insgesamt polarisieren und spalten würde. Und so kam es, wie es kommen musste: CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz verschaffte sich für einen Entschließungsantrag zur Begrenzung der irregulären Zuwanderung Mehrheiten mit Hilfe der in großen Teilen als gesichert rechtsradikal eingestuften AfD und brach damit ein Tabu in der zweiten Demokratie Deutschlands. Die anschließende Empörung war riesig, nicht nur bei SPD und Grünen. In vielen Städten gab es spontane Demonstrationen, trieb es die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße. Die Kirchenvertreter meldeten sich besorgt zu Wort und schließlich kritisierte auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel den Kanzlerkandidaten der Union mit scharfen Worten. Noch im November, so Angela Merkel, habe Merz dafür plädiert, keine Anträge einzubringen, auf die sich SPD und Grüne vorher nicht verständigt hätten, um Zufallsmehrheiten mit der AfD zu vermeiden. Sie halte es für falsch, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen, so Merkel. Ihre Kritik am Vorgehen von Merz schien Wirkung zu zeigen: Das tags darauf eingebrachte „Zustrombegrenzungsgesetz“ verfehlte die Mehrheit im Deutschen Bundestag, weil es – trotz erneuter AFD-Zustimmung – innerhalb der Union und in der FDP Abweichler gab.
Trotz dieser Ablehnung haben die hoch emotional geführten Debatten im Deutschen Bundestag mit zum Teil sehr in das Persönliche gehenden gegenseitigen Angriffen und Unterstellungen offenbart: Die politische Mitte ist entzweiter denn je, da ist zwischen den demokratischen Parteien einiges zu Bruch, ein Grundvertrauen zumindest ein Stück verloren gegangen. Hat Friedrich Merz mit diesem Tabubruch zu hoch gepokert? Ist er mit seiner „All in“-Strategie, mit seinem „alles auf eine Karte setzen“ gescheitert? Und vor allem: Was bedeutet dies für die künftige Zusammenarbeit zwischen den demokratischen Kräften? Kann eine künftige Regierung mit einem möglichen Bundeskanzler Friedrich Merz angesichts des vergifteten Klimas überhaupt noch gebildet werden? Sind die Vorschläge von CDU/CSU mit geltendem Recht vereinbar? Und: Bringt ein weiter verschärftes Migrationsrecht tatsächlich mehr Sicherheit, wie uns CDU/CSU glauben machen wollen?
Noch zu Beginn des Wahlkampfs waren sich die Parteien der Mitte im Prinzip darüber einig, dass Migration nicht das Hauptthema im Bundestagswahlkampf werden sollte, weil davon nur die AfD profitieren würde. Zudem ist dieses hochemotional besetzte und komplexe Thema Migration – auch wegen vieler rechtlicher Hürden -zwischen SPD/Grünen einerseits und CDU/FDP andererseits höchst umstritten, wie sich dies auch zuletzt bei der Innenministerkonferenz in Brandenburg herausstellte.
Dann passierte das schreckliche Ereignis in Aschaffenburg, als ein offenbar psychisch kranker afghanischer Migrant eine Kindergartengruppe aus dem Nichts überfiel, ein 2-jähriges Kind und einen zur Hilfe geeilten Passanten mit dem Messer tötete. Friedrich Merz wollte seine verständliche Empörung über dieses Attentat nicht nur mit mit Appellen zum Ausdruck bringen, sondern mit konkreten Taten. Er sieht die Ursache für die Anschläge in Solingen, Mannheim, Magdeburg und aktuell in Aschaffenburg in einer seit „zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“. Weil „das Maß nun voll“ sei, sah er sich zum Handeln gezwungen und brachte für die Unionsfraktion den Entschließungsantrag sowie das „Zustrombegrenzungsgesetz“ ein. Diese Maßnahmen begleitete Merz zudem in der Manier von Donald Trump, indem er ankündigte, im Falle seiner Wahl zum Bundeskanzler am ersten Tag von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Er werde dann das „Bundesinnenministerium anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.
Juristische Fallstricke
CDU/CSU berufen sich mit dieser klaren Ansage auf das rechtliche Instrumentarium für Zurückweisungen an den Grenzen gem. § 18 Asylgesetz. Danach kann einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, die Einreise verweigert werden, wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist. Nach dieser Norm könnten alle Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden, da Deutschland von EU-Staaten und der Schweiz umgeben ist, die alle als sichere Drittstaaten gelten. Die Union will nun, dass der Passus in § 18 Asylgesetz, „dem Ausländer ist die Einreise zu verweigern“ durch den Zusatz „durch Zurückweisung an der Grenze“ ergänzt wird. Das Problem: §18 Asylgesetz wird durch die Regelungen der sogenannten Dublin III-Verordnung überlagert. Danach ist bei Stellung eines Asylantrags zunächst ein „Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats“ einzuleiten. Der Vorrang der Dublin III-VO ergibt sich aus dem allgemeinen Vorrang des EU-Rechts, auch gegenüber den nationalen Verfassungen, weil sonst die EU als Rechtsgemeinschaft nicht funktionieren würde. Die Vorrangklausel für das EU-Recht ist zudem auch im deutschen Asylgesetz ausdrücklich festgeschrieben (§18 Abs. 4 AsylG).
Diese Regelungen erkennt Friedrich Merz zwar an, verweist aber auf die „Dysfunktionalität des EU-Rechts“ und will deshalb notfalls eine „nationale Notlage“ gem. Artikel 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erklären, wonach das EU-Recht ignoriert werden kann, wenn die nationale Sicherheit und Ordnung bedroht ist. Ob ein Staat von diesem Vorbehalt Gebrauch machen kann, entscheidet aber nicht der Staat allein, sondern letztlich der Europäische Gerichtshof. Ob nun die fürchterlichen Morde in Solingen, Magdeburg oder Aschaffenburg eine solche nationale Notlage rechtfertigen würden, schätzen Rechtsexperten – zumindest fraglich ein.
Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass nach gegenwärtiger Rechtslage asylsuchende Flüchtlinge nicht einfach so zurückgewiesen werden dürfen, auch dann nicht, wenn die Bundesrepublik selbst nicht für das Verfahren zuständig ist. Stattdessen muss geprüft werden, welcher Staat zuständig ist. Sofern ein deutsches Verwaltungsgericht diese Feststellung getroffen hat – diese Verfahren dauern in der Regel etwa fünf Monate – darf Deutschland dann an den zuständigen Staat überstellen. Mit dieser Regelung soll auch vermieden werden, dass Asylsuchende nicht in Europa umherirren und von einem Land in das andere geschickt werden.

Im Prinzip sind für die Asylverfahren nicht die deutschen Nachbarländer, sondern die Mitgliedsstaaten an der EU-Außengrenze zuständig. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Betroffenen bereits in einem Land an der EU-Grenze registriert sind. Im Übrigen können nur Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden, die keinen Asylantrag stellen und den auch nicht in einem anderen Land gestellt haben. Fakt ist aber auch, dass in der Tat das Dublin-System nicht richtig funktioniert. Diese Dysfunktionalität darf aber nicht dazu führen, nach dem Prinzip „Auge um Auge“ EU-Rechtsvorschriften zu ignorieren, weil andere Staaten ihre Pflichten aus dem gleichen Rechtsakt missachten.
Auch der neue EU-Pakt zu Migration und Asyl dürfte an der bisherigen Praxis wenig ändern. Diese neue Reform, mit der die grundlegenden Probleme des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gelöst werden sollen, sieht unter anderem eine neu gestaltete Verordnung zur Asyl- und Migrationssteuerung vor, die die ungleiche Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten ausgleichen soll, da bisher insbesondere die südlichen EU-Länder unverhältnismäßig stark belastet sind, da sie als Einreiseländer für den Asylprozess zuständig sind. Mit dem Inkrafttreten dieses Pakts 2026 ist ein flexibler „Solidaritätsmechanismus“ vorgesehen, der alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, einen Beitrag entweder durch Aufnahme von Asylbewerbern, finanzielle Hilfen oder Sachleistungen zu leisten.
Allerdings behält auch das neue System die umstrittene Ersteinreise bei, die die Hauptverantwortung für schutzsuchende Menschen den Grenzstaaten auferlegt, d.h. die grundsätzliche Schieflage bleibt bestehen. Dies bedeutet, dass auch die angestrebte EU-Reform kaum etwas an dem Satus quo ändern wird und die künftige Bundesregierung würde – wenn sie die Forderung nach der Zurückweisung an der nationalen Grenze umsetzt – zumindest ein rechtliches Risiko eingehen.
Darüber hinaus muss auch berücksichtigt werden, dass dauerhafte Grenzkontrollen nach dem Schengen-System die absolute Ausnahme sein und in der Regel nicht länger als sechs Monate andauern sollen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil dauerhafte Grenzkontrollen massive Auswirkungen für die Wirtschaft und den Tourismus haben. Und schließlich muss die Frage gestellt werden, was ein deutscher Alleingang für den Zusammenhalt, die Zusammenarbeit mit den anderen europäischen Staaten bedeuten würde.
Dem europäischen Gedanken würde all dies zuwiderlaufen, gerade in einer Zeit, wo genau das Gegenteil erforderlich wäre. Was soll geschehen, wenn der Europäische Gerichtshof die Grenzkontrollen am Ende für rechtswidrig erklärt?
Sagen wir dann schlicht: Germany First! War‘s das dann mit Europa?
Die gefühlte Sicherheit
Ganz unabhängig von den skizzierten rechtlichen Problemen muss selbstverständlich gefragt werden, ob die vorgeschlagenen Verschärfungen des Asylrechts tatsächlich mehr an Sicherheit bringen. Die Täter in Aschaffenburg, Magdeburg oder auch Solingen hatten alle einen Migrationshintergrund. Deshalb liegt verständlicherweise der Schluss nahe, dass mehr Migration auch zu mehr Kriminalität führt bzw. solche Gewalttaten mit der Herkunft zu erklären sind.
Die Polizeistatistiken belegen nach Angaben von Frank Asbrock, Direktor des Zentrums für Kriminologische Forschung Sachsen, dass die registrierte Kriminalität, also das, was sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik abbildet, seit Jahrzehnten rückläufig ist. Zwar gäbe es immer wieder Schwankungen, d.h. Anstiege, wie auch aktuell, aber grundsätzlich habe die Gesamtkriminalität in den letzten 20, 30 Jahren abgenommen.
Asbrock verweist aber auch darauf, dass es einen Unterschied gäbe zwischen den offiziellen Statistiken und der gefühlten Wahrnehmung innerhalb der Bevölkerung, ob es sicherer oder unsicherer in Deutschland ist. Entsprechend geht das Sicherheitsgefühl in Deutschland zurück. Nach einer Umfrage aus dem Sommer 2024 belegt der ARD Deutschland Trend, dass nur gut die Hälfte der Menschen in Deutschland sich im öffentlichen Raum sicher fühlt.
Friedrich Merz hat mit seinem Vorstoß auf dieses Gefühl der Menschen abgezielt nach dem Motto: Mit den Migranten kommt auch die Gewalt, dagegen hilft nur eine schärferes Migrationsrecht. Dann wird alles gut?
Gewaltforscher bestreiten diese These und kommen zu dem Schluss, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Kriminalität und Herkunft nicht gibt. „Die Forschung zeige eindeutig, dass die Staatsbürgerschaft oder ein Migrationshintergrund an sich nichts zur Erklärung von Kriminalität beitragen“ so die Kriminologin Gina Wollinger von der Hochschule für Polizei und öffentliche Veraltung in NRW in einem Podcast des Mediendienstes Integration. Allerdings, so Wollinger weiter, gäbe es eine Reihe von Risikofaktoren, die Kriminalität wahrscheinlicher machen, die bei bestimmten Einwanderungsgruppen häufiger vorkämen als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Dazu gehörten Armut, Bildung, kriminelle Freundeskreise, gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen oder Gewalterfahrungen im Elternhaus und der Heimat. Insofern, so die Kriminologin, könne man von einem indirekten Zusammenhang sprechen, weil diese Faktoren häufiger bei Menschen mit Migrationshintergrund aufträten. Zu ähnlichen Schlüssen kommen auch die renommierten Gewalt- bzw. Migrationsforscher Dirk Baier und Jochen Oltmer oder der Kriminologe Christian Walburg.
Hausgemachte Kriminalität
Wollinger führt weiter aus, dass Kriminalität nicht importiert, sondern in vielen Fällen hausgemacht sei. Die genannten Faktoren seien veränderbar: Studien hätten gezeigt, dass die Bedingungen in Deutschland – wie etwa Bleibeperspektive und entsprechende Lebensbedingungen – entscheidend dafür seien, ob Einwanderer kriminell werden oder nicht.
Weiterer Faktor für die Begünstigung von Gewalt von Flüchtlingen ist die mangelnde psychische Betreuung, die spätestens seit dem Attentat in Aschaffenburg intensiver diskutiert wurde. Lukas Welz, Geschäftsführer des Dachverbandes Psychosozialer Zentren beurteilte diese als prekär. Darauf verwies nach einem Bericht von arezteblatt.de der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen bereits im Sommer 2024 im Zusammenhang mit der damaligen Absicht der Bundesregierung, im Haushalt 2025 die Unterstützung für traumatisierte Geflüchtete um knapp 50 Prozent zu kürzen.
Deshalb mahnen viele Migrationsforscher an, die bekannten Risikofaktoren anzugehen. Auch viele Strafrechtswissenschaftler sprechen sich in einer gemeinsamen Stellungnahme der kriminalpolitischen Online Zeitschrift (KriPoZ.de) u.a. dafür aus, dass „soziale Integration eine der wichtigsten Präventivmaßnahmen gegen Kriminalität“ sei. Die Strafrechtswissenschaftler kritisieren in dieser Stellungnahme auch die gegenwärtige Form der Debatte und führen hierzu aus, dass die Debatte von populistischen Instrumentalisierungen und verzerrten medialen Darstellungen geprägt sei. „Statt evidenzbasierter Erkenntnisse dominieren derzeit emotionale Reaktionen und politische Reflexe. Ein sachlicher, wissenschaftlich fundierter Umgang mit Kriminalität ist jedoch essentiell, um wirksame, nachhaltige und verfassungskonforme Lösungen zu entwickeln“.
Ähnlich argumentiert auch Gewaltforscher Dirk Baier, wenn er ausführt, dass es blauäugig und am Ende auch Populismus pur sei, Gewaltkriminalität an das Migrationsthema zu knüpfen. Er plädiert für eine Trennung der beiden Themenbereiche.
Die Migrationsforscher gehen daher nicht davon aus, dass eine Verschärfung des Asylrechts, wie von der Union vorgeschlagen, einen merklichen Einfluss auf die Kriminalitätsentwicklung hätten, weil die Vorschläge deutlich zu unterkomplex und wenig zielgerichtet seien.
Darüber hinaus gehen die Experten davon aus, dass auch eine restriktive Migrationspolitik nicht verhindern könne, dass es zu Einwanderung kommt, zumal Deutschland im Zentrum der EU mit sehr viel Grenzverkehr liegt. Natürlich ist es auch utopisch zu glauben, dass die gesamte deutsche Grenze mit seinen knapp 4000 Kilometern wirksam zu überwachen ist. Da wären vermutlich schon Maßnahmen, wie seinerzeit bei der innerdeutschen Grenze erforderlich. Dies möchte sicher niemand.
Natürlich: Der Zustrom der Flüchtlinge muss gesteuert werden, schon allein deshalb, weil viele Kommunen mit dem Krisenmanagement, der Aufnahme und den Integrationsbemühungen gegenwärtig schlicht überfordert sind. Die Lösung kann aber nur in Europa liegen, nationalstaatliche Alleingänge sind aber völlig fehl am Platz. Der neue Pakt zu Migration und Asyl der Europäischen Union soll zwar die grundlegenden Probleme des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems lösen, gleichwohl stellt sich jedoch die Frage, ob er auch die angekündigte Fairness und Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten lösen wird, oder unter einem neuen Deckmantel recycelt. Gleichwohl könnten Alleingänge von einzelnen EU-Staaten dem Gesamtsystem Europäische Union dauerhaften Schaden zuführen. Dies kann nicht im deutschen Interesse liegen.
Der Vorstoß von Friedrich Merz hat nicht dazu beigetragen, mit dem Thema Migration sachgerecht und lösungsorientiert umzugehen, im Gegenteil: Die Gräben zwischen den Parteien der demokratischen Mitte sind tiefer denn je, die Gesellschaft in unserem Land gespalten.
Es ist ihm scheint´s auch nicht gelungen, mit diesem Thema nennenswert mehr Wähler für die Union zu gewinnen. Schon heute dürfte klar sein, dass die Koalitionsverhandlungen mehr als schwierig werden dürften, da muss sich Merz schon arg von seinen bisherigen markigen Worten verabschieden, wenn er mit SPD oder Grünen verhandelt. Beide Parteien haben beim Thema Migration klare Linien gezogen.
Und darüber hinaus?
Krisen und Katastrophen werden uns sicher auch nach der Bundestagswahl begleiten. Sie lassen sich auch nicht verniedlichen bzw. schönreden oder gar verschweigen. Das verlangen die Bürgerinnen und Bürger auch gar nicht, im Gegenteil. Aber wir brauchen eine Idee, eine gemeinsame Kraftanstrengung, wie wir zukünftig leben wollen. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, denn eines muss klar sein: Bei dieser Wahl geht es auch darum, dass die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben müssen, dass es sich lohnt, den demokratischen Parteien, der Demokratie zu vertrauen. Kopf in den Sand stecken, sich ins Private zurückziehen, Rechtspopulisten wählen? Das geht alles gar nicht. Der Chefredakteur der Zeit Giovanni di Lorenzo hat es in einem Artikel sehr zutreffend formuliert in dem er nüchtern feststellte: „Auf der Überzeugung, dass nichts läuft, nichts besser wird, nichts zu verändern ist, lässt sich nichts, aber auch wirklich nichts aufbauen. Und deshalb haben wir – trotz alledem – auch die Pflicht zur Zuversicht.“
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